4. Ursachenanalyse
Die Ursachenanalyse basiert auf der Problembeschreibung, welche in der zweiten Disziplin detailliert ausgeführt wurde. Damit schließt sich der Kreis, dass eine mangelnde Problembeschreibung alle weiteren Schritte beeinflusst. In der Ursachenanalyse können alle Kreativitätstools das Qualitätsmanagements angewandt werden: Ishikawa-Diagramm, Brainstorming, Mind-Mapping, Fehlerbaum, Brainwriting, Relationendiagramm, usw. Der entscheidenste Faktor bei der Ursachenanalyse ist eine Priorisierung. Damit soll erreicht werden, dass man sich nicht auf eine Fülle von Ursachen stürzt und man sich damit in der Vielfältigkeit verliert und damit ineffizient ist. Als Möglichkeit zur Priorisierung bietet es sich an, dass das gesamte Team, zum Beispiel durch Vergabe von Noten oder Punkten, abstimmt und damit wieder die kollektive Intelligenz genutzt wird. Sie können darauf vertrauen, dass bei gewissenhafter Ursachenanalyse die tatsächliche Ursache unter den priorisierten Ursachen zu finden ist.
Viele Probleme (und somit Wirkungen) haben mehrere Ursachen. Gewichten Sie durch eine Prozentzahl den Einfluss der gefundenen und priorisierten Ursachen auf das Problem. Die Summe der Prozente muss 100 % ergeben:
- Bauteil zu klein (80 %)
- Prüfanweisung nicht vollstöndig (10 %)
- Messgenauigkeit des Messmittels nicht ausreichend (10 %)
- Warum ist der Fehler aufgetreten?
- Warum wurde der Fehler nicht erkannt?
Mit der Beantwortung der beiden "Warum"-Fragen und der Gewichtung der gefundenen Ursachen, kann in die Defintion von möglichen Abstellmaßnahmen übergegangen werden.
5. Mögliche Abstellmaßnahmen
Die Definition von Abstellmaßnahmen zur Behebung der Ursachen für die Reklamation wird in zwei Schritten durchgeführt. Aus der Erfahrung heraus stürzen sich viele Teams direkt in die Umsetzung von Maßnahmen zu den Ursachen, da diese eindeutig sind und keine Zeit verloren werden darf. Auf das Thema "Zeit" sind wir im ersten Teil bereits ausreichend eingegangen. Auf die Eindeutigkeit von Maßnahmen, und das nur diese die Ursache beheben, wollen wir jetzt eingehen. Menschen neigen dazu, dass sie sich von einer auf den ersten Blick plausibel klingenden Erklörung beeinflussen lassen und diese nicht weiter hinterfragen, je besser diese präsentiert und argumentiert wird. Dieser kleinen Schwäche ist sich die Systematik des 8D-Reports bewusst und man fängt in der fünten Disziplin damit an mögliche Abstellmaßnahmen zu definieren. Bildllich gesprochen wird nun ein Blumenstrauß an Maßnahmen auf einer großen Wiese gesammelt. Wie bei der Ursachenfindung können hier unterschiedlichste Kreativitätswerkzeuge angewendet werden. Es werden zu allen Ursachen aus der vorangegangenen Disziplin Blumensträuße gesammelt. Um in der bildlichen Sprache zu bleiben müssen nun die Blumen aus den Blumensträußen genommen werden, welche dem Empfänger am Besten gefallen. Dafür gibt es nur eine Möglichkeit: Ausprobieren. In der praktischen Umsetzung bedeutet dieses also, dass die gesammelten möglichen Abstellmaßnahmen hinsichtlich der Behebung der Ursache untersucht werden müssen. Dafür muss ein Test unter möglichst realen Bedingungen durchgeführt werden. Das Ergebnis des Versuchs wird genau untersucht und es folgt eine Schlussfolgerung, ob die Blume dem Empfänger gefällt. Solle sie nicht gefallen, so war es auch nicht die zielführende Maßnahme. Mit diesen Versuchen, welche möglichst nach der PDCA-Systematik abgearbeitet werden sollten, werden die Maßnahmen herausgefiltert, welche tatsächlich zielführend sind. Würden die Abstellmaßnahmen nicht auf ihre Wirkung auf die Ursachen untersucht werden, was bei "Schnellschüssen" unterbleibt, kann auch die Ursache des Problems nicht abgestellt werden und das Problem kann zu einer erneuten Reklamation führen.
Damit der gesammelte und gegengeprüfte Blumenstrauß auch übergeben werden kann, werden die Abstellmaßnahmen im Serienumfang in der sechsten Disziplin umgesetzt.
6. Eingeführte Abstellmaßnahmen
Durch die Überprüfung im kleinen Maßstab haben sich die Maßnahmen herausgebildet, welche die Ursachen wirklich abstellen. In der sechsten Disziplin werden diese jetzt im Serienmaßstab umgesetzt und eingeführt. Der wichtigste Aspekt bei diesem Schritt ist die Prüfung der tatsächlichen Wirksamkeit. Dieses ist erforderlich, da in der Disziplin zuvor im kleinen Maßstab die Wirkung auf die gefundenen Maßnahmen bewertet wurde. Die Wirkung im realen Serienprozess muss ebenfalls untersucht werden und dieses über einen längeren Zeitraum. Man kann erkennen, dass auch hier wieder Zeit erforderlich ist, um die tatsächliche Wirkung bewerten zu können. Der "länere Zeitraum" ist abhängig von dem betrachtetem Prozess. Entscheidend bei der Bewertung ist, dass möglichst viele real vorkommende Ereignisse stattfinden. Wichtige Ereignisse sind vor allem:
- Mitarbeiterwechsel
- Unterschiedliche Uhrzeiten/Schichten
- Wenn verschiedene Materialchargen im Einsatz sein können, dann auch Chargenwechsel
- Verschiedene Wochentage (denken Sie immer an das Montagsauto)
- Bei Werkzeugwechseln, mehrere Rüstvorgänge
- Verlauf der Ausschussquoten
- Rückmeldungen von Prozessbeteiligten
Sind diese Ereignisse ausreichend berücksichtigt, dann kann die Wirksamkeit mit außreichender Wahrscheinlichkeit bewertet werden. Erst mit der Bewertung der Wirksamkeit und dem Erreichen einer Wirksamkeit von 100 % kann die sechste Disziplin abgeschlossen werden.
Im Bezug auf Maßnahmendefinitionen gibt es immer wieder eine bekannte Maßnahme: Mitarbeiterschulung! Diese Maßnahme wird in den meisten Fällen vom Empfänger des 8D-Reports nicht mehr akzeptiert, was aus der Sicht eines stabilen Prozesses auch verständlich ist. Allein durch eine Schulung wird kein Prozess stabilisiert und wirksam verbessert. Eine Schulung ist nur eine unterstützende Maßnahme, um die Prozessbeteilgten auf die neu eingeführte Maßnahme zu schulen. Daraus wird deutlich, dass es für die Behebung einer Ursache auch immer zwei Maßnahmen geben muss: i) eine technische Abstellmaßnahme und ii) eine organisatorische Abstellmaßnahme. Diese Teilung folgt der Logik aus der vierten Disziplin und basiert auf der Erkenntnis, dass ein Prozess nur nachhaltig abgesichtert werden kann, wenn er durch eine technische Maßnahme verbessert wird, da Technik weniger anfällig für Abweichungen ist als der Mensch.
Sollte in der Wirksamkeitsprüfung festgestellt werden, dass diese nicht gegeben ist, dann muss zurück in die fünfte Disziplin gegangen werden und weiter kreativ an Maßnahmen gearbeitet werden.
Erst wenn die Wirksamkeit der eingeführten Maßnahmen objektiv bestätigt wurde, kann in die siebste Disziplin gegangen werden.
7. Lessons Learned
Der Begriff "Lessons Learned" ist in vielen Bereichen der Wirtschaft noch nicht in der Tiefe angekommen, wie es sich wünschen lässt. Lessons Learned bedeutet frei übersetzt "Was man gelernt hat". Damit möchte man das Wissen, welches man durch die Bearbeitung des 8D-Reports erlangt hat, behalten und auf andere Prozesse anwenden. Bei vielen Prozessen findet man vergleichbare Elemente und somit auch vergleichbare Fehlerquellen. Damit diese Fehler (hoffentlich) gar nicht erst auftritt, muss in der siebten Disziplin bewertet werden, auf welche anderen Prozesse die eingeführten Abstellmaßnahmen ebenfalls angewendet werden können. Mit dieser Vergehensweise sollen weitere Kosten für das Unternehmen abgewendet und damit aktives Risikomanagement betrieben werden. In der siebten Disziplin soll der Fokus auf das pro-aktive Handeln gerichtet werden. Das Gelernte kann jedoch nur angewendet werden, wenn eine Analyse der bestehenden anderen Prozesse vorliegt und darauf aufbauend die Anwendbarkeit der Maßnahmen möglich ist.
In vielen Unternehmen herrscht noch immer die Philosophie, dass man mit Lessons Learned Methoden in Dinge investiert, die möglicherweise niemals eintreten werden. Diesem Argument kann man nichts entgegensetzen und es ist auch richtig. Man sieht bei dieser Argumentation jedoch nicht die zweite Seite der Medallie: Die Kosten, wenn es doch eintritt. Diese Fehlerkosten sind in den meisten fällen deutlich höher als die Einführung von Maßnahmen aus Lessons Learned Methoden. Selbstverständlich kann nicht immer eine neue Maschine oder eine andere Größe Invesition getätigt werden, dennoch kann mit Kreativität und Pragmatismus häufig eine Lösung gefunden werden, welche die gleich Wirkung zeigt.
Sobald die Lessons Learned Themen umgesetzt wurden, kann auch diese Disziplin abgeschlossen werden. Auch diese Disziplin benötigt eine längere Zeit, um sie vollständig und wirksam umzusetzen. Um den Kunde nicht so langen warten lassen zu müssen, bis in allen Prozessen die Lessons Learned Themen umgesetzt sind, empfiehlt es sich in der Praxis die Prozesse oder Bereiche dem Kunden im 8D-Report zu nennen und damit die Disziplin für den Kunden (!!!) abzuschließen. In der internen Sicht bleibt die Disziplin natürlich noch so lange offen, bis alle Themen abgearbeitet sind.
8. Teamwürdigung
Vielen Anwendern ist die achte Disziplin nicht einleuchtend und wird dementsprechend nicht ausreichend genutzt. Die letzte Disziplin dient der Motivation der beteiligten Personen. In der Beschreibung der einzelnen Disziplinen ist deutlich geworden, dass die Arbeit an einem 8D-Report sehr viel länger dauern kann, als das es auf den ersten Blick erscheint. Dennoch haben wir versucht zu begründen, dass es sinnvoll ist die Zeit zu investieren, um eine deutliche Verbesserung und Stabilisierung der eigenen Prozesse zu erreichen. Da es sich bei dem Auslöser um eine Reklamation vom Kunden gehandelt hat, ist die Arbeit im 8D-Reportteam eine zusätzliche Aufgabe, die gewissenhaft wahrgenommen werden muss und somit zu einer Mehrbelastung führt. Dafür haben die Beteiligten Dank verdient. Dieses kann zum Beispiel in einer lockeren Runde bei Kaffee und Tee erfolgen oder bei größeren Projekten bei einem gemeinsam Frühstück oder Mittagessen. Ebenfalls sollte in der Teamwürdigung besprochen werden, was in der Zusammenarbeit gut und schlecht verlaufen ist, um für den nächsten 8D-Report zu lernen und sich auch dabei immer weiter zu verbessern. Die Teamwürdigung wird durch den Teamleiter einberufen und geleitet.
Mit dem Abschluss der achten Disziplin ist die 8D-Methode erst vollständig durchlaufen und damit der 8D-Report erst vollständig ausgefüllt und abgearbeitet. Für die Kommunikation mit dem Kunden im Rahmen einer Reklamationsbearbeitung empfiehlt sich eine angemessene und zeitnahe Kommunikation über die aktuellen Schritte und den aktuellen Zeitplan. Die Dokumentation der 8D-Methode kann beispielsweise angelehnt an das Formblatt des VDAs (Verband der Automobilindustrie) erfolgen.
Den zweiten Teil unserer Reihe zum 8D-Report schließen wir damit ab und setzen die Reihe mit der Erläuterung der Anwendung der 8D-Methode für den unternehmensinternen KVP-Prozess fort.
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